Schweizer Aluminiumindustrie im Griff der negativen Wechselkurssituation: Zweistellige Einbussen in 2015 – Stabilität auf niedrigem Niveau für 2016 erwartet

Der starke Franken gegenüber dem schwachen Euro belastete wie erwartet das Jahresergebnis der überwiegend exportorientierten Schweizer Aluminiumindustrie: Die Press- und Walzwerke mussten 2015 gesamthaft eine Reduktion von 10% bei den produzierten Tonnagen auf 227‘500 Tonnen gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Bei den Leichtmetallgiessereien verringerte sich die verarbeitete Tonnage in 2015 um 7,9% auf 14‘900 Tonnen. Für das laufende Jahr wird keine wesentliche Verbesserung erwartet.

„Um es positiv auszudrücken: Es könnte schlimmer sein!“, konstatierte Markus Tavernier, Verbandspräsident und Geschäftsführer der IGORA-Genossenschaft, eingangs des heutigen Presse-Tables des alu.ch bei der Marenco Swisshelicopter AG in Mollis. Im Jahresergebnis spiegle sich der verschärfte Preiskampf und Margendruck wider, dem die Schweizer Aluminiumindustrie anhaltend durch die negative Wechselkurssituation ausgesetzt sei, aber auch die positiven Anstrengungen der Verbandsmitgliedsfirmen, die erfolgreich Automatisierungsprozesse vorangetrieben hätten und weiter in neue Technologien investierten, um dank Innovationen attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.

In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr neue Produktionsanlagen eingerichtet, die Kunden eine noch tiefere Wertschöpfungskette und Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Serienfertigungen wurden verstärkt in kostengünstigere Euroländer verlagert. Nahezu überall waren in der Branche Kurzarbeit, Verlängerungen der Wochenarbeitszeiten, Lohnreduktionen und Stellenabbauten in kleinerem und grösseren Umfang unumgänglich, wobei die Investition in moderne Fertigungsmethoden auch neue Arbeitsplätze geschaffen haben. So beispielsweise bei der Aluminium Laufen, die für mehrere neue CNC-Bearbeitungsanlagen entsprechend qualifizierte Mitarbeitende sucht.

„Für die notwendigen betrieblichen Reorganisationen und Produktionsanpassungen konnten die KMUs unter unseren Mitgliedern naturgemäss weniger Spielräume nutzen, Grossunternehmen und Konzerne waren dahingehend flexibler,“ schilderte Verbandsgeschäftsführer Marcel Menet. Die Jahreszahlen des Verbandes – mit dem Rückgang von 10% der produzierten Tonnagen bei den Schweizer Press- und Walzwerken in 2015 auf 227‘500 Tonnen gegenüber dem Vorjahr und bei den Schweizer Leichtmetallgiessereien mit der Reduktion der verarbeiteten Tonnagen um 7,9% auf 14‘900 Tonnen im letzten Jahr – müssten dementsprechend auch differenziert betrachtet werden. „Novelis oder auch die DGS Druckguss Systeme schlossen vergangenes Jahr mit einem deutlichen Plus ab und blicken bereits mit gutgefüllten Auftragsbüchern auf ein erfolgsversprechendes Jahr 2016“, verdeutlichte Marcel Menet exemplarisch.

Nach Anwendermärkten betrachtet sorgte das Transportwesen inklusive Flugzeugbau für die grössten Produktionsauslastungen und Zuwachsraten. Konstant auf gutem Niveau bewegten sich auch die Aufträge aus dem Bauwesen. Der Verpackungsmarkt für Aluminium zeigte sich sowohl bei den Single Serve – sowie Pharmazie-Verpackungen als auch bei den Behälter- und Beutelprodukten für die Lebensmittelindustrie im 2015 positiv. Die Bestelleingänge aus dem Elektro- und Maschinenmarkt ebenso wie aus dem Energiesektor bewegten sich im vergangenen Jahr auf niedrigem Niveau.

Für die Schweizer Oberflächenveredler war 2015 wiederum ein positives Jahr mit dynamischen Auftraggebern aus der Luftfahrt und dem Maschinenbau. Bei der BWB-Gruppe waren beispielsweise anodisierte Aluminiumoberflächen zur Erhöhung der Korrosions- und der Verschleissbeständigkeit, sowie zur Erfüllung höchster dekorativer Ansprüche gefragt.

Aluminium zu 100% ohne Qualitätseinbussen wiederverwertbar – hohe Sammelquoten in der Schweiz

Dank seiner Eigenschaft, beliebig oft und ohne Qualitätseinbussen wiederverwertet werden zu können, und dank des hohen Materialwerts, zählt Aluminium zu den wichtigsten Werkstoffen, die im Sinne der Nachhaltigkeit immer wieder in den Stoffkreislauf zurückkommen. Die Sammelbereitschaft der Schweizer Bevölkerung war auch 2015 erfreulich hoch: Bei den Verpackungen gehen bereits neun von 10 Dosen ins Recycling, bei den Tiernahrungsschalen aus Aluminium liegt die Sammelquote bei 80% und bei den Tuben und Kaffeekapseln aus Aluminium sind es über 50%. Im Bau- und Transportwesen sowie im Maschinenbau liegt die Recycling-Quote schon seit längerem bei über 90%.

Technologischer Vorsprung stellt Weichen für die Zukunft

In erster Linie entwickelt sich die Auftragslage aus der Automobil- und Flugzeugindustrie bereits auch im laufenden Jahr ausgesprochen erfreulich. „Bildhaft ausgedrückt richten die Schweizer aluminiumverarbeitenden Unternehmen die Weichen für die Zukunft innovationstechnisch und unternehmensstrategisch auf Spezialanfertigungen mit hohem Ertrag aus, weniger auf das Massengeschäft mit grossen Tonnen-Stückzahlen. Kundengerechte Entwicklungen sichern unserer Branche internationalen Vorsprung,“ fasste Markus Tavernier zusammen.

Auch wenn der Markt in China derzeit schwer einschätzbar sei, steige der Automotivbedarf kontinuierlich in allen übrigen Märkten Europas, in Indien und den USA. Das Knowhow der Schweizer Aluminiumindustrie ist stark gefragt. Leichtbauweisen aus Aluminium seien hier eine klare Antwort zur Reduktion der CO2-Werte und damit ein echter Beitrag zur Schonung der Umwelt. „Mit dem technologischen Fortschritt eröffnen sich auch neue Chancen. Sogenanntes ‚höherfesteres Material‘ kennzeichnet beispielsweise bereits jetzt einen Mega-Trend im Walzbereich“, erklärte Marcel Menet.

Aluminium in der Luftfahrt – vor Ort bei der Marenco Swisshelicopter AG

Dank seines geringen Gewichts bei gleichzeitig hoher Festigkeit spielt der Werkstoff Aluminium auch bei der Marenco Swisshelicopter AG für die Entwicklung und den Bau innovativer einmotoriger Leichthelikopter eine wichtige Rolle. Davon konnten sich die anwesenden Medienschaffenden beim zweiten Teil des Presse-Tables während der Betriebsbesichtigung bei Marenco in Mollis ein eindrucksvolles Bild machen.

Marenco Swisshelicopter entwickelt einen neuen einmotorigen Helikopter in der 2,5 Tonnen-Klasse. In dieser Klasse wurde seit 1976 kein neuer Helikoptertyp zertifiziert. Der SKYeSH09 hebt sich durch seine Nutzlast, die Leistung bei hohen Aussentemperaturen und grossen Höhen oder auch durch die grosse, variable Kabine mit den Hecktüren gegenüber seinen Mitbewerbern ab.

Um diese Features zu ermöglichen, sind auch Technologien und Werkstoffe neuster Generation notwendig. So bestehen zum Beispiel der komplette Rumpf, der Heckausleger, die Rotorblätter und sogar die Antriebswelle des Heckrotors aus Carbon. Um einen konsequenten Leichtbau umzusetzen, werden auch verschiedene andere High Tech Materialien eingesetzt. In diesem Kontext ist Aluminium ein wichtiger Baustein des SKYeSH09.

Material der ersten Wahl

Dort, wo Leichtbau gefragt ist, und man auf die isotropen Eigenschaften von Metall oder die speziellen Verarbeitungsmöglichkeiten von Aluminium angewiesen ist, wird Aluminium eingesetzt. Die Spanne reicht von Gusslegierungen für die Getriebegehäuse, zu mechanisch gefertigten Komponenten der Flugsteuerung über Rohre für das Landegestell. Die Teile müssen oft eine hohe Dauerfestigkeit aufweisen oder nehmen wie beim Landegestell Energie über Verformung auf. Dazu kommen natürlich auch Blechteile hinzu, welche für Halterungen, Verschlüsse und Verstärkungen verarbeitet werden.

Auch wenn der Anteil an Aluminium am SKYeSH09 durch den Carbon-Rumpf offensichtlich kleiner als an den Wettbewerbsprodukten ist, ist Aluminium für die geforderte Leichtbauweise beim Helikopter das Material der ersten Wahl für ein grosse Anzahl von Bauteilen, vor allem auch, da es im Vergleich mit anderen Materialien relativ kostengünstig zu verarbeiten ist.